von: Rene Gatzenberger
Kompressionsstrumpf ist nicht gleich Kompressionsstrumpf. Schlechter Sitz, falscher Druckverlauf, Rutschen oder Abschnüren führen fast immer zu einer erneuten ödematösen Schwellung der betroffenen Extremitäten. Ein Ödem sollte sich in der Kompressionsbestrumpfung nicht verschlechtern!
Je besser die Vorbehandlung des Lymphödems, desto exakter können die Abmessungen für die Kompressionsversorgung ermittelt werden. Nur an einer gut entstauten Extremität lässt sich ein therapeutischer Kompressionsstrumpf korrekt anpassen.
Die Bandagierung nach der Manuellen Lymphdrainage (MLD) erfolgt mit Kurz-zugbinden, da diese eine hohe Festigkeit sowie eine geringe Aufdehnung aufweisen. Damit kann flexibel auf den Therapieerfolg (Umfangsveränderungen) reagiert werden. Durch die hohe Anzahl von Kompressionsbinden wird dem Ödem dabei eine stabile “Wand” entgegengestellt.
Idealerweise sollte deshalb keine MLD ohne anschließende Bandagierung durchgeführt werden. Erst durch diese Maßnahme wird eine anhaltende Verringerung des Ödemvolumens erzielt.
Zudem ist es, wie bereits einleitend erwähnt, für eine Fachkraft im Sanitätshaus nur möglich einen exakten Kompressionsstrumpf zu vermessen, wenn die Entstauungstherapie im Vorfeld akkurat durchgeführt wurde.
Prinzipiell sollten an stark ödematisierten Extremitäten keine Messungen stattfinden. Nach Möglichkeit sollte der Patient dann nochmals bei seinem Arzt vorstellig werden und die Therapie mit MLD und Bandagierung eingeleitet werden.
In Abstimmung mit den behandelnden Therapeuten wird dann der Zeitpunkt für eine Messung festgelegt. Abmessende Fachkräfte sollten eine entsprechende Zertifizierung nachweisen können.
Bei der Kompressionsstrumpfherstellung kommen zwei verschiedene Fertigungstechniken zur Anwendung.
Für phlebologische Krankheitsbilder (die Venen betreffend) wird die Rundstricktechnik genutzt. Bei Rundstrickverfahren bleibt die Maschenzahl während des gesamten Strickvorganges gleich. Es ist also nicht möglich, während des Strickvorganges Maschen aufzunehmen, wodurch es zu der konstanten Maschenzahl kommt. Die Materialien sind eher im Langzugbereich angesiedelt.
Für die Behandlung von Lip- und Lymphödemen ist die Rundstricktechnik nicht geeignet, da es zu Abschnürungen kommen kann.
Bei lymphologischen Krankheitsbildern kommt stattdessen die Flachstricktechnik zur Anwendung. Im Flachstrickverfahren kann die Maschenzahl während des gesamten Strickvorganges variiert werden. Es ist möglich, Maschen aufzunehmen, wodurch die Maschenzahl variabel ist. Somit können alle anatomischen Besonderheiten und Beinformen maßgerecht versorgt werden. Die Materialien sind eher im Kurzzugbereich angesiedelt.
Flachgestrickte Kompressionsversorgungen können für jeden Körperteil und fast jede Anatomie individuell angefertigt werden. Ein geeigneter therapeutisch flachgestrickter Kompressionsstrumpf kann den Therapieerfolg, der in der Entstauungsphase durch den Lymphtherapeuten erzielt wurde, erhalten beziehungsweise verbessern.
Der flachgestrickte Kompressionsstrumpf bietet folgende Vorteile:
Die flachgestrickte Versorgung muss so eng getragen werden, dass nach dem Tragen der Abdruck der Maschenstruktur auf der Haut erkennbar ist. Dadurch kommt es zum gewünschten Massageeffekt, welcher zur Lockerung der verhärteten Ödeme beitragen kann. Um einen hohen Massageeffekt zu erreichen, ist es notwendig, die flachgestrickte Kompressionsversorgung direkt auf der Haut zu tragen.
Unterschiedliche Maschenstrukturen der Hersteller haben verschiedene Effekte auf die Hautoberfläche. Allgemein weisen gröbere Qualitäten einen höheren Massageeffekt auf als feinere
Abhängig von der Andruckstärke werden vier Kompressionsklassen (KKL) unterschieden:
KKL 1 kommt meist bei Kinderversorgungen und Lähmungen zur Anwendung.
KKL 2 ist die am häufigsten angewandte Kompressionsklasse. Oft ist sie die erste Wahl bei der Ödemtherapie.
KKL 3 wird bei fortgeschrittenen Lip- und Lymphödemen eingesetzt.
KKL 4 findet Anwendung bei extrem verhärteten Ödemen. Allgemein wird sie selten eingesetzt. Besser anzuziehen sind oft zwei Kompressionsstrümpfe übereinander zum Beispiel in den KKL 3 und 2.
Art und Umfang der Kompressionsversorgung sind individuell abhängig von Ort und Beschaffenheit des Ödems und können für jeden Körperteil, gegebenenfalls auch geteilt, angefertigt werden.
Anziehhilfen dienen nicht nur dem erleichterten Anziehen, sondern sollen auch das Kompressionsmaterial und die Haut schonen.
Anziehhilfen sind verschreibungsfähig und werden, wenn benötigt, von den Krankenkassen erstattet.Diese Eigenschaft trifft hauptsächlich auf Anziehhilfen aus weichem Segeltuchmaterial zu. Durch ihre Beschaffenheit sind sie besonders in der Ulkustherapie hilfreich, da diese über Verbände gezogen werden können, welche beim Anziehen der Kompressionsversorgung nicht verrutschen. Beim Herausziehen der Anziehhilfe kommt es ebenfalls zu keinem Verrutschen des Verbandes.
Anziehhilfen sind verschreibungsfähig und werden, wenn benötigt, von den Krankenkassen erstattet.
Da bei Ödempatienten oft große proportionale Unterschiede vorliegen, müssen die Kompressionsversorgungen flachgestrickt und maschengenau hergestellt werden. Auf dieser Basis wird der erforderliche Arbeitsdruck passgenau ausgeübt. Gleichzeitig wird durch die hohe Seitenstabilität der Flachstrickware die passgenaue Form für den Lymphabfluss hergestellt (Wandeffekt). Dieser wird durch die Mikrozirkulation zusätzlich gefördert.
Rundgestrickte Versorgungen kommen aufgrund ihrer konstanten Maschenzahl, der höheren Elastizität und der fehlenden Mikrozirkulation deshalb nur in Ausnahmefällen zur Anwendung. Für Ödempatienten sollte auch bei geringen Umfängen immer ein Kompressionsstrumpf in Flachstricktechnik nach individuellen Maßangaben gefertigt werden.
Idealerweise sollte die Kompression ohne große Unterbrechung oder doppelten Druck auf der Haut stattfinden. Der optimale Druckverlauf, beispielsweise bei einem Lymphödem im Bein, ist daher eigentlich immer nur in einer Kompressionsstrumpfhose gewährleistet.
Bei allen Abschlüssen/Strumpfenden ist darauf zu achten, dass es nicht zu Abschnürungen kommt. Haftbänder dürfen nicht zirkulär in die Haut einschnüren, umkippende Haftbänder sind immer zu eng. Der Durchfluss in den Gefäßen muss auch in der Kompressionsversorgung möglich sein.
Lymphatische Kompressionsversorgungen müssen bundesweit fast immer durch die zuständige Krankenkasse genehmigt werden. Durch unterschiedliche Vertragsgestaltungen kann es vorkommen, dass gleiche Kompressionsversorgungen einen unterschiedlichen Abgabepreis haben.
Die Zuzahlung für Patienten beträgt pro Versorgungseinheit 10,00 Euro. Das gilt auch für eine mehrteilige Versorgung, die zusammen getragen wird und auf einem Rezept steht.